Du bist doch auch für Toleranz, mein Freund? Denn Toleranz ist die Maxime unserer deutschen Gesellschaft. Wir hören und sehen die Botschaft fast alltäglich, und auch auf einer Briefmarke aus dem Jahr 2002 wurde schon für diese Geisteshaltung geworben. Auf Wiki lesen wir " Toleranz, auch Duldsamkeit,[1] ist allgemein ein Geltenlassen und Gewährenlassen fremder Überzeugungen, Handlungsweisen und Sitten." (https://de.wikipedia.org/wiki/Toleranz). Na bitte! Toleranz scheint also etwas eindimensional "Gutes" zu sein. Und das Gute darf eingefordert, verlangt werden. Bei genauerer Betrachtung steckt in dem Teilwort "lassen" innerhalb der obigen Definition gut versteckt das Prinzip der Freiwiligkeit. Es ist also zumindest legitim, zulässig, wenn ich (oder du) in dem einen oder anderen Punkt nicht tolerant sein möchte. Das bringt dann allerdings keine moralischen Pluspunkte.
Unser Innenminister (Thomas de Maiziere) war vor kurzem sogar völlig intolerant mit seiner Forderung "Null Toleranz gegenüber Horrorclowns":
Ich schließe daraus, dass gewählte Autoritäten in unserer Gesellschaft die Legitimation besitzen, das Toleranzgebot auszuschalten. Dem kann ich mich anschließen, obwohl es eigentlich eine Selbstverständlichkeit ist: Gewalt jeder Art gegen Personen und Sachen ist erstens zu verabscheuen und zweitens seit vielen Jahren mit den entsprechenden Rechtsnormen strafbewehrt.
Beim Volksbegehren Nichtraucherschutz in Bayern wurde am 2.7.2010 vom Souverän mit demokratischer Mehrheit entschieden, dass in allen öffentlich zugänglichen geschlossenen Räumen ein uneingeschränktes Rauchverbot zu gelten hat:
Der Handlung "Ich rauche, auch wenn es andere stört" wurde also mit Intoleranz begegnet und dies sogar in ein Gesetz gegossen.
Meine Schlussfolgerungen:
1. Toleranz ist zunächst ein Akt der Freiwilligkeit.
2. Die Toleranz wird primär durch Gesetze beschränkt oder aufgehoben.
3. Für Gewalt gleich welcher Art gibt es keinerlei Legitimation. Eine Kategorisierung - um nicht zu sagen "Diskriminierung" - von Gewalt ist irreführend.
4. Es gibt keinen Grund für eine moralische Erhebung des "Toleranten" gegenüber dem "Intoleranten"
5. Die Forderung nach bezugsfreier Toleranz ist sinnentleert.
6. Menschlichkeit, Ehrlichkeit, Rechtsstaatlichkeit, Gewaltfreiheit, Meinungsfreiheit sind die adäquaten und passenden Werte für unsere Gesellschaft, die sich über Jahrhunderte in stetem Ringen um die besten Lösungen entwickelt hat. Alles andere ist Propaganda.