Medien 003 - Zwei Ausdrücke, die bei mir FakeNews-Alarm auslösen

16. Mai 2017 - Hörversion

Heute möchte ich einen ziemlich kurzen Artikel veröffentlichen, in dem ich ohne stringente Begründung und ohne Angabe von Quellen, meine Eindrücke zu zwei häufig verwendeten, floskelhaften Ausdrücken darlegen werde.

Es soll um zwei Ausdrücke gehen, die, wenn sie in medialer Berichterstattung verwendet werden, bei mir am schnellsten Zweifel auslösen. Der erste Ausdruck tauchte bereits im letzte Woche veröffentlichten Zitate-Artikel mit Zitaten von Stephen Hawking auf. Es geht um den in verschiedenen Variationen häufig auftredenden Ausdruck:

immer mehr,
immer grösser,
immer stärker,
immer weniger,
immer schlimmer,
immer extremer.

Der Hauptgrund, warum diese Ausdrücke in mir Zweifel erzeugen, ist zunächst die Verwendung des Wortes immer, welches, wenn es schon nicht für die Ewigkeit stehen soll, wenigstens einen langen Zeitraum andeutet. Im heutigen Sprachgebrauch treffe ich diesen Ausdruck aber sehr häufig dann an, wenn es um sehr kurzfristige Entwicklungen und Trends geht, die sich zum Zeitpunkt der Veröffentlichung bereits wieder in einer Phase des Abschwungs befinden können. Er wird dann verwendet, wenn den Menschen mit sprachlicher Hilfe eine gewisse Dringlichkeit und Schwere eines Problems mit Nachdruck vermittelt werden soll. Wer aufmerksam liest, kann meist dann, wenn der "immer ..." Ausdruck verwendet wird, erkennen, dass nur wenige Daten mitgeliefert werden und man offenbar vor allem die Sprache für sich selber sprechen lassen will.

In Fällen, in denen das Ende eines Trends bereits wieder absehbar ist, oder in der Fachwelt die Kontroverse über das entsprechende Thema gegenüber der Einigkeit dominiert, ist die Verwendung des Wortes immer nicht angebracht. Angebracht ist die Verwendung eines "immer mehr"-Ausdrucks höchstens dann, wenn eine Proportionalität stringent nachgewiesen ist.

Zu meinem Leidwesen habe ich den Ausdruck "immer ..." schon fast überall angetroffen. Vom Boulevardblatt bis zur sich für hochintellektuell haltenden Publikation. Ich versuche, wenn ich Entwicklungen beschreibe, jeweils das, was beobachtet wurde und den relevanten Zeitraum anzugeben.

IMGP8824 2.jpg
Bild eines Naturschutzgebietes in meiner Heimat. Es präsentiert sich immer so, wie es gerade ist, wird nicht immer schöner, immer trockener oder immer feuchter ... :-). Ortsangaben: 47°38'53.0"N 8°30'56.8"E.


Der zweite Ausdruck, der mich meist ins Grübeln bringt, ist folgender:

Neue Studie beweist.

Dieser Ausdruck wird häufig dann verwendet, wenn es darum geht, Ergebnisse sozialwissenschaftlicher Studien zu präsentieren oder sie zu bewerben. Das Problem dabei ist, dass es sehr schwierig ist, mit solchen Studien einen Beweis zu erbringen. Eigentlich ist mit derartigen Studien vor allem möglich, Zusammenhänge zu erhärten oder nahezulegen. Eine echte, stringente Beweisführung ist kaum möglich, da sich die beobachteten Grössen kaum in dem nötigen Masse von allen anderen Einflüssen isolieren lassen.

Meist werden in Medienberichten über Studien, die etwas beweisen sollen, nur die Ergebnisse dargelegt. Mindestens gleich wichtig als ein Endresultat sind aber die Bedingungen unter denen es zustande gekommen ist und welche Annahmen für die Interpretation verwendet wurden. Ohne diese Informationen ist ein Ergebnis nur wenig wert.

Darüber hinaus ist ein mit statistischen Methoden erkennbarer Zusammenhang zwischen zwei oder mehr Grössen noch kein Nachweis für eine Verbindung zwischen den Grössen. Nur weil sich zwei Dinge vielleicht einmal parallel entwickeln, heisst das noch lange nicht, dass zwischen diesen auch ein Zusammenhang besteht.


Anmerkung zur Hörversion

Ich möchte in Zukunft meistens Hörversionen meiner Artikel veröffentlichen, auch wenn ich es kaum perfekt hinkriege, schon gar nicht in erstklassigem Deutsch. Das Mikrofon, welches ich aktuell verwende, ist nicht gerade ein High-End-Produkt. Ich werde es bei Gelegenheit ersetzen.

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